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Amerikareise   1970

nicht erfunden von D. Giersch.
Die Reise ging 3/4 Jahr nach Californien, Silicon Valley.

(Mittlerweile sieht die Sache natürlich etwas anders aus - 2020)

 

 

Benötigt werden an Unterlagen:

• Reisepass und eine richtige Anschrift in den Staaten

• Visum erhältlich auf dem Amerikanischen Consulate kostenlos

• ImpfbescheinigungPocken nicht älter als drei Jahre

gültig sofort ab Impfung (tunlichst 14 Tage vorher

impfen lassen - es kann Fieber auftreten) ca 15.- DM

• Führerschein

• Flugticket

• Geld (möglichst in Plastic)

 

Empfohlene Hilfsmittel:

• Sonnenöl oder -milch und / oder Vitamin-C- Tabletten

(gegen Sonnenbrand hilft, wenn man Essig mit Wasser

verdünnt und die roten Stellen einreibt)

Es ist unbedingt mit Sonnenbrand zu rechnen!

• Sonnenbrille

• Konverterstecker 110 / 220 Volt

• Sandalen für den Flug und für die Freizeit

• einige leichte Hemden

• Badehose

• Kopfschmerz- und Grippetabletten

• Fotoapparat und nur für den Flug mindestens drei Filme

Ein Kodakfilm in USA kostet rund 5 Dollar komplett

mit Entwicklung (Dauer meistens einen Tag). Den letzten

Film sollte ein Bekannter entwickelt nachsenden, da

in Deutschland nur die Entwicklung rund 20 DM pro

Film kostet.

• Achtung !Empfindlichkeit beachten

Agfa 18 DIN / Kodak 15 DIN

• Wörterbuch

• Visitenkarten, da sonst keiner den Namen richtig behalten kann.

 

Wenn Sie mindestens diese Sachen haben, können Sie es mal in Amerika versuchen. Viel Spaß!

 

Wenn Sie in das Flugzeug steigen, halten Sie bereit: Fotoapparat, Sonnenbrille, Unterlagen von oben. Für die Richtung  n a c h  den USA wählen Sie unbedingt einen Platz an der rechten Seite der Maschine mit dem Buchstaben 'F' (707).

Von Sitzreihe 23 an aufwärts - das sind Fensterplätze hinter den Tragflächen. Buchen Sie bei TWA - Sie werden mehr Platz für Ihre Knie haben.

Wenn Sie mittags fliegen, sind Sie abends in Los Angeles. Tragen Sie deshalb auf der Reise einen leichten Pullover, Sandalen und bequeme Hosen. Der Flug dauert (von Amsterdam aus) 11 Stunden ohne Halt. Wenn möglich, benutzen Sie einen Atlas. Die Route über den Pol ist sehr schön. Sie passieren die Shetland Is, Faöer Is, Island, Grönland, Baffin Is, Southampton Is, Hudson Bay, Eskimo Point, Kanada, Missouri, Rocky Mountains, Großen Salzsee, Las Vegas mitten in der Wüste und an der linken Seite der Grand Canyon. Sie passieren Los Angeles in der gesamten Länge. Sie können alles sehen. Während des Fluges dürfen Sie im Flugzeug umherwandern und alles fotografieren - tun Sie es!

Es hilft die Fahrzeit zu verkürzen und steife Glieder gelenkig zu machen. Zu diesem stelle ich immer meinen Samsonite-Koffer unter den Sitz. Man kann seine Füße so wunderbar daraufstellen.

 

Sie können auch schlafen. Dazu gibt es Kissen und Decken, und Sie können evtl die gesamte Sitzreihe dazu beuten. Wenn der Platz neben Ihnen besetzt ist, suchen Sie sich einfach eine freie Reihe, wenn Sie unbedingt schlafen müssen.

 

Während der 11 Stunden haben Sie Gelegenheit, europäische Vorurteile und Maßstäbe abzulegen. Sie fahren in eine andere Welt! Vergessen Sie die Worte: das kann man doch nicht tun - man kann! Amerika ist groß. Sie werden mehr verschiedene Leute kennen lernen als jemals zuvor. Gerade diese Leute leben anders als Europäer. Es gibt auch hier Grenzen, aber erst dort wo ein Deutscher sie nie für möglich halten würde. In der kurzen Zeit, in der Sie 'drüben' sind, werden Sie nicht über Ihren angeborenen Schatten springen können. Dazu würden Sie 5 bis 10 Jahre brauchen. Wenn Sie älter sind als 30, können Sie es sowieso vergessen. Schämen Sie sich nicht, wenn Sie nicht fließend Englisch können! Hier wird benutzerfreundliches Amerikanisch gesprochen. Das ist ein kleiner Unterschied - Sie werden es merken, aber schnell lernen. Sie haben sogar einen wichtigen  V o r t e i l  den Amerikanern gegenüber: Sie haben einen 'Sprachfehler'.

Versuchen Sie auf keinen Fall, das zu vertuschen!! Und es ist gut so; denn Sie erwecken in nahezu jedem Menschen das Gefühl, Ihnen helfen zu müssen.

Sagen Sie ganz offen, wenn Sie etwas nicht ganz richtig verstanden haben. Sie erhalten die gleichen Worte bis zu fünf mal hintereinander wiederholt - jedes mal langsamer und deutlicher. Wenn Sie es dennoch nicht verstanden haben, wird man es Ihnen anders erklären.

 

Das ist kein Nachteil - Sie können auf diese Tour die meisten Bekanntschaften schließen. Wenn Sie es nett finden, eine weibliche Bekanntschaft zu haben, scheuen Sie sich nicht, sie nach zehn Sätzen nach ihrer Telefonnummer zu fragen.

H i e r  würde man Ihnen die Ohren langziehen - in Amerika erhalten Sie die Telefonnummer und die Anschrift auf ein Blatt Papier geschrieben mit vollem Namen der Person! Das ist der letzte Termin; wenn Sie Ihren Vornamen bis jetzt noch nicht verraten haben - tun Sie es jetzt!  (Sonst sind Sie ein Bauer und können die Person vergessen).

Versuchen Sie nicht, sofort eine Einladung zu starten. Das können Sie schon, werden aber damit wenig Erfolg haben. Rufen Sie die Dame an, und dann vergessen Sie unbedingt Ihre Erfahrungen über europäische Lebensweisen. Machen Sie einen baldigen Termin aus mit der Begründung, daß Sie besser Amerikanisch lernen und hier etwas sehen möchten. Und daß gerade  s i e   die Person ist, die nach Ihren Erfahrungen am besten und am deutlichsten spricht.

 

Es gibt wenige Amerikaner, die man wirklich nicht verstehen kann. Je mehr Leute Sie treffen, desto besser werden Sie verstehen und sprechen lernen. (Kaufen Sie sich einen Kriminalroman für zwei Dollar und lesen Sie. Das hilft). Laden Sie Ihre Dame ein, mit Ihnen zu Abend zu essen - alles andere wird sie übernehmen. Ich gebe Ihnen den dringenden Rat, mindestens beim ersten mal die Wahl der Gerichte jemandem mit Sachkenntnis zu überlassen. Das ist die angenehmste Art.

Versuchen Sie nicht, die Speisekarte zu übersetzen. Warten Sie ab was passiert. Man denkt hier nicht nur anders, man ißt auch anders. Zwei gute Ratschläge:

1) man kann alles essen, was auf der Karte steht,

2) lernen Sie die englischen Wörter der Gerichte oder Eßwaren, die Sie wirklich nicht mögen, vor der Abreise auswendig und sagen Sie es dann, bevor das Essen bestellt wird.

 

Schon bei der Bestellung werden Sie merken, was los ist. Lassen Sie sich überraschen. Natürlich werden Sie versuchen, mit Messer und Gabel zu essen. Schitt, vergessen Sie das Messer! Und wenn es möglich ist, auch die Gabel. Das beste Besteck wurde Ihnen angeboren - Ihre zehn Finger. Beobachten Sie Ihre Nachbarn, und Sie werden das Richtige tun (nachdem Sie schockiert sind).

 

Einige wichtige Dinge sollten Sie jedoch unbedingt wissen. Das ist in Amerika anders, und es ist  n ö t i g,  das zu wissen!

Wenn Sie ein Lokal betreten, warten Sie unbedingt, bis man Sie an der Tür abholt und Ihnen einen Platz anbietet. Sagen Sie wieviele Leute sie sein werden. Alles andere wird die Bedienung erledigen.

Machen Sie  n i e   n i e   den Fehler, sich selbst einen Platz auszusuchen. Es  kann Ihnen passieren, daß Sie das Lokal verlassen müssen.

Folgen Sie der Kellnerin. Sie können natürlich nein sagen, wenn Ihnen der Platz nicht gefällt, oder Sie können sagen, daß Sie gern hier oder dort sitzen möchten. Aber überlassen Sie die Entscheidung der Bedienung. Denken Sie daran, daß Sie Gast sind; Sie dürfen alles essen wie es Ihnen Spaß macht, aber werden Sie nie aufdringlich oder 'zutraulich'.

 

Als erstes wird man Ihnen ein frisches Glas Wasser mit Eis auf den Tisch stellen. Das ist überall so. Sie können davon trinken wann und so viel Sie wollen - warum auch nicht, dazu ist es ja da. Aber Vorsicht, verbrennen Sie sich nicht die Oberlippe an den Eiswürfeln. Deshalb trinken Sie in kleinen Schlucken. Das ist die beste Methode. Es  besteht auch keine 'Verpflichtung', ein zusätzliches Getränk zu bestellen. Sie sind der Gast, und Sie bestellen was Sie möchten. OK?

Bei der Bestellung wird die Bedienung Ihre Wünsche auf ein Blatt Papier schreiben. Man verhindert so, daß Zweifel entstehen.

 

Jedes Gericht können Sie in einer Unzahl von Variationen erhalten. Deswegen der gute Ratschlag, die ersten Bestellungen einem 'Eingeborenen' zu überlassen. Grundverschieden ist, daß hier der Salat (in verschiedenen Zubereitugen)  v o r  der Hauptmahlzeit gegessen wird. Das  m ü s s e n   Sie nicht tun, aber Sie sollten es versuchen.

Was Sie nicht schaffen, nehmen Sie mit nach Hause! Es gilt als unhöflich, etwas liegen zu lassen. Es könnte der Eindruck entstehen, daß es Ihnen nicht geschmeckt hat. Vermeiden Sie das. In den meisten Lokalen erhalten Sie (nicht nur auf Wunsch) eine extra Papiertüte zu diesem Zweck ohne Kosten. (Die Kellnerinnen sehen wenn Sie nicht mehr essen können). Sonst nehmen Sie fünf Servietten.

Sie werden merken, daß nach diesem Vorgang Ihr Selbstbewußtsein gestiegen ist, und Sie werden sich spätestens jetzt zum ersten mal fragen,

warum -zum Teufel- das bei uns nicht auch so ist. Sie haben für das Steak bezahlt - unglücklicherweise konnten Sie nicht alles essen (das passiert mir oft, und ich kann eine Menge auf einmal essen) - warum sollen Sie also das halbe Steak (oder was immer es ist) einfach liegen lassen. Es wird mitgenommen! Glauben Sie mir, es ist ein enorm erhebendes Gefühl für einen Europäer, morgens zum Frühstück das halbe Steak zu verputzen, was er abends zuvor in einer Gastwirtschaft (für unsere Verhältnisse 'gestohlen') mitgenommen hat. Man kann bei der Gelegenheit sogar an eine evtl nette Begleitung erinnert werden. Sie sollten das alles erlebt haben - aber versuchen Sie es nicht gleich im 'Hilton' oder so!

 

Die nächste Überraschung wird für Sie die Rechnung sein. Versuchen Sie nicht, den Betrag mal 3,5 zu nehmen (Kurs 1970). Das ist falsch. Rechnen Sie die ganze Sache mal 2 - dann haben Sie das richtige Verhältnis zu unserer DM.

In den meisten Lokalen legt man hier für die Bedienung einen 'Tip' auf den Tisch. Das ist das Bedienungsgeld. Es  beträgt gewöhnlich zwischen 10 und 20% der Rechnungssumme (20% nur wenn es Ihnen außergewöhnlich gut gefallen hat).

 

Nicht nur zu diesem Zweck sollten Sie stets genügend Kleingeld in der Tasche haben. Sie sollten auch mal daran denken, daß Sie telefonieren müssen (oder möchten).

Nur ran - keine Bange! Sie werden Ihren Partner besser verstehen als Sie glauben. Alles was Sie brauchen, ist ein Telefon. Ich gebe Ihnen den Rat, es zuerst mit einem normalen Telefon zu versuchen. Es gibt hier grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Telefonen. Eine Art ist uns vertraut - die mit der löcherigen Wählscheibe. Die andere Art hat Tasten ähnlich wie eine Addiermaschine. Drücken Sie einfach die richtigen Tasten. In bunter Reihenfolge hören Sie dann die Ziffern über die Leitung rauschen. Jede Ziffer hat einen anderen Ton. Das macht Spaß.

Wenn sich Ihr Partner meldet, sagen Sie Hallo - die Tageszeit - und Ihren Namen (in den meisten Fällen wird das der Vorname sein; denn hier kann sich kaum jemand den Familiennamen merken). Reden Sie nicht herum um die Sache, sondern sagen Sie was Sie möchten zuerst!

Hinterher können Sie immer noch flirten - wenn möglich (es ist).

 

Einer der Gründe, immer Kleingeld bei sich zu haben, ist, daß Sie ja auch mal von einer Telefonzelle aus telefonieren möchten. Nur keine Angst, es funktioniert - meistens. Für ein Ortsgespräch zahlen Sie 10 Cents. Wenn Sie den Hörer abgenommen haben, hören Sie einen Summton. Jetzt werfen Sie das 10-Cent-Stück ein. Es  klingelt, als wenn einer die Ladenkasse in einem Kaufhaus ausraubt. Danach können Sie wählen. Manchmal besteht eine Anschlußnummer aus zwei Buchstaben und fünf Ziffern. OK - wählen Sie die Buchstaben mit. Kein Problem.

Etwas härter wird die Sache schon, wenn Sie ein Ferngespräch von einer Telefonbox aus führen wollen. Bereiten Sie sich darauf vor, daß Sie mindestens 2,5 Dollar in Kleingeld (25-, 10-, 5- Cent-Stücke) in der Tasche haben. Erst wenn Sie das Geld haben, rufen Sie den Operator '0' an (das 10-Cent-Stück dafür kommt automatisch zurück - vergessen Sie nicht, es zu entnehmen).

Sagen Sie dem Operator Hallo und was Sie wollen. Der Rest ist Routinesache; denn der Operator (meistens ist es ein Mädchen) sagt Ihnen ganz genau (weil man Sie als Ausländer längst erkannt hat), was zu tun ist. Fragen Sie ruhig was zu tun ist, wenn Sie etwas nicht verstehen. Wenn Sie irgendwelche Schwierigkeiten mit dem Telefonieren haben, rufen Sie den Operator an. Er kann immer helfen.

 

Am schwierigsten ist es, einen Anruf nach Deutschland zu starten. Zu diesem Zweck sollten Sie versuchen, das Mädchen an der Zentrale der Firma bei der Sie gerade sind, zu überreden, das für Sie zu arrangieren. Passen Sie dabei sehr scharf auf. Beim nächsten mal können Sie das dann schon selber. Wetten?

 

Eine weitere nützliche Sache ist, daß man den Münzfernsprecher auch  a n rufen kann. Das ist bei uns nicht möglich. Verabreden Sie mit jemandem eine Zeit und warten Sie, bis der Münzapparat klingelt. Heben Sie ab und sprechen Sie Hallo - und Ihren Vornamen. Wunderbar -werden Sie sagen- warum geht das nicht auch bei uns.

 

Eine weitere wichtige Sache. Erwarten Sie nicht, daß auf einem Postamt ein Fernsprecher steht, von dem aus Sie anrufen können. Das ist nicht so! Die Post ist hier staatlich - die Telefongesellschaft privat. Beide haben nicht das geringste miteinander zu tun! Wenn Sie wirklich privat sprechen wollen oder müssen (ohne daß das in der Firma auffallen soll - a l l e  Gespräche werden dort mit der gewählten Nummer im Fernsprechamt aufgezeichnet), gehen Sie zum Büro irgend einer Telefongesellschaft. Hier macht das Telefonieren Spaß; denn es ist eine Servicesache der einzelnen Gesellschaften. Hier können Sie in Klubsesseln sitzen und die Vorteile eines Telefonverstärkers genießen. Außerdem ist es nicht teurer, und Sie erhalten noch ein Quittung.

Verschwenden Sie keine Zeit damit, einen Telefonanschluß in einer Gastwirtschaft zu suchen. Man läßt Sie dort nicht telefonieren.

 

Wenn Sie nach Übersee telefonieren, verlangen Sie einen 'Station-call'! Das bedeutet, daß die ersten drei Minuten sechs Dollar, jede weitere Minute 2,5 Dollar kosten. Dafür haben Sie das Risiko, daß sich am anderen Ende der Leitung evtl Ihre Schwiegermutter meldet. Das Risiko können Sie ausschließen, indem Sie einen 'Person-call' verlangen. Da zählt die Zeit erst ab dann, wenn sich die richtige von Ihnen verlangte Person gemeldet hat. Die ganze Sache kostet dann allerdings genau das Doppelte. Ich würde deshalb immer zu einem 'Station-call' raten.

 

Beachten Sie bei all diesen Überseerufen, daß je nach Übertragungsweg ganz beachtliche Verzögerungen der Sprache auftreten können. Das kann ein heilloses Durcheinander werden. Wenn das eintrifft, gebe ich Ihnen den Rat, irgendetwas gleichmäßig fortlaufend zu sprechen, selbst wenn Sie meinen, Ihren Partner damit zu belästigen. Sprechen Sie ihn einfach tot. Es  ist der einzige Weg, um eine normale Gesprächsfolge wieder in Gang zu bringen. Erklären Sie ihrem Partner anschließend die Situation. Das dauert zehn Sekunden. Die zehn Sekunden machen sich bezahlt, weil Sie anschließend viel zügiger miteinander auskommen. Und denken Sie daran: zehn Minuten sind eine lange Zeit - nur nicht wenn man telefoniert!

Es  gäbe hier noch eine Menge zu sagen, aber dann wäre der Reiz für Sie vorbei. Probieren Sie es selber aus - es macht Spaß. Schocken Sie Ihren Partner doch mal mit einem 'Call-collect'! (Nicht möglich nach Deutschland).

 

Einer der ersten Schritte, welche Sie auf dem neuen Kontinent unternehmen, führt Sie aus dem Flugzeug durch den Zoll. Glauben Sie mir, der amerikanische Zoll ist hart. Ich kenne den Zoll an der Zonengrenze. Der amerikanische Zoll ist besser (cleverer). Es  ist kein Problem, die Paßkontrolle zu passieren. Dazu haben Sie im Flugzeug bereits ein Formular ausgefüllt.

 

Merken Sie sich eines: der Trick besteht darin, beim Zöllner der Vereinigten Staaten den Eindruck zu erwecken, daß Sie nicht der Fürsorge der USA zur Last fallen werden! Dazu brauchen Sie in erster Linie Geduld. Man wird Sie eine Menge fragen. Aber alles spielt sich freundlich und im netten Unterhaltungston ab. Manchmal wird sogar gelacht. Mit etwas Charme werden Sie die Sache überstehen. Der Zöllner war todsicher schon mal in Europa - ein nettes Unterhaltungsthema. Sie sollten Stoff für ungefähr zehn Minuten haben. Dann sind Sie entlassen.

 

Denken Sie daran, daß die Menschen hier  m i t einander und nicht  g e g e n einander leben - der Zöllner ist auch ein Mensch (wenn auch manchmal von mir das Gegenteil behauptet wird). Je besser Sie sind, desto länger fällt Ihre Aufenthaltsgenehmigung für die USA aus. Die können Sie zwar verlängern, aber dazu müßten Sie etwas unternehmen und zehn Dollar bezahlen. Das können Sie sich durch brillantes Auftreten ersparen. (Mit der Aufenthaltserlaubnis kommt es auf ein paar Tage mehr übrigens nicht darauf an. Sie können sie unbesorgt um mindestens zehn Tage überziehen).

 

Wenn Sie die Paßkontrolle hinter sich haben, sind Sie im Niemandsland - noch nicht in den Staaten. Dazu werden Sie noch gefilzt. Und wie. Seien Sie unbesorgt - man findet   a l l e s. Lassen Sie sich  v o r h e r   das Wort für Heuschnupfentabletten einfallen - das erspart Ihnen den Verdacht, daß Sie Rauschgift schmuggeln wollen. Im übrigen nehmen Sie es gelassen - andere Leute tragen hoffentlich auch Unterwäsche.

 

Wenn Sie endlich entlassen sind, warten eine Menge ungewohnte Dinge auf Sie.

Das erste, was Sie versuchen werden, ist ein Auto zu mieten. Nur zu - dazu gibt es hier eine Menge Firmen, welche Ihnen das Geld für den Mietwagen abnehmen. Meistens finden Sie am Ausgang des Airports einen ganzen Schwarm von Büros dieser Firmen.

Wenn Sie in der glücklichen Lage sind, nach Los Angeles zu gehen, werden Sie alle dieser Büros leer finden.

Nur keine Angst - Sie werden trotzdem zu Ihren vier Rädern kommen. Gehen Sie zum Schalter Ihrer Wahl (wohl meistens Hertz) und langen Sie hinter die Theke. Dort steht ein Telefon ohne Nummernscheibe. Heben Sie einfach den Hörer ab und warten Sie. Dreimal dürfen Sie raten, wer sich am anderen Ende meldet. (Dieser Service besteht auch mit einigen Hotels an Brennpunkten).

 

Nachdem Sie diese Sache überstanden haben, (Ihr erstes Telefongespräch an Ort und Stelle), verlassen Sie das Flughafengebäude, und warten Sie auf der Straße. Hier sehen Sie dann (zum ersten mal) amerikanische Verkehrsverhältnisse und fragen sich: warum ist das nicht bei uns so? Und: werde  i c h  da jemals mitfahren können? Keine Angst - Sie werden.

 

Bald kommt dann ein Riesenomnibus der Mietwagenfirma (Sie können ihn nicht verpassen) und liest Sie auf. Die erste richtig große Überraschung steht Ihnen jetzt bevor. Sie steigen ein und sagen Helloo! Dann verstummen Sie; denn Sie haben die 20-jährige Fahrerin gesehen. Hellblond, braungebrannt von der California-Sonne, mit strahlend blauen Augen und Hot pants - kaugummikauend. Am besten hilft, wenn Sie dreimal unauffällig schlucken.

 

Bald werden Sie den Sitz der Mietwagenfirma erreichen. Zeigen Sie Ihren deutschen Führerschein, und sagen Sie wieviel Sie pro Tag anlegen wollen (15 Dollar). Der Rest ist wieder Routinesache.

Zehn Minuten später fällt Ihnen die Kinnlade runter; denn das Auto, was Sie gerade gemietet haben, ist ein Modell vom vorletzten Monat und den amerikanischen Verhältnissen angepaßt. Man kann sich sehr schnell an die Automatik gewöhnen. Eine andere Sache ist die Kraft dieser Autos. Seien Sie vorsichtig. Meistens sitzen so um die 300 bis 350 Pferde unter der Haube. Und Sie können glauben, daß die einfach loslaufen, wenn Sie den Gaspin durchtreten. Ergebnis: 100 Meter Gummispur auf der Straße. Und das Schöne daran ist, daß Sie das gar nicht stört. Sie könnten in 1000 Meilen (1 Meile = 1,6 Kilometer - der erste Umrechnungsfaktor den Sie lernen) beide hintere Reifen blank haben. Das ist aber nicht Sinn der Sache. Genießen Sie die ersten 100 Meilen in solch einem Schiff - das ist wie die erste Fahrstunde. Schalten Sie das Radio ein, regulieren Sie die Klimaanlage nach Ihren Wünschen - und genießen Sie. Bald wird das Erlebnis zum Alltag - dann macht es nur noch halb so viel Spaß.

 

Wenn Sie zum ersten mal tanken, werden Sie einen weiteren unbekannten Begriff kennenlernen: Gallonen. Hier gibt es keine Liter. Es  hat sich gut bewährt, wenn man die Gallone zu 3,5 Litern rechnet. Es gibt eine Menge anderer Maße, mit denen Sie nichts zu tun haben werden. Aber Amerika stellt gerade langsam auf das Dezimalsystem um.

Vergessen Sie nicht, nach dem Tanken eine Quittung zu verlangen. In den meisten Fällen beinhaltet der Mietpreis auch die Kosten für Benzin usw. Es ist schon aus diesem Grunde recht nützlich, die Quittungen zu haben.

 

Wenn Sie mit dem Auto rollen, wissen Sie noch längst nicht wohin die Fahrt geht. Glauben Sie mir, das wird während Ihrer kurzen Zeit Ihr größtes Problem sein und bleiben.

Schauen Sie sich den Reiseweg   v o r h e r   an. An fast allen Tankstellen gibt es Reisekarten kostenlos. Nur keine Angst - fragen Sie ruhig danach. Der Tankwart kann schließlich nicht riechen, welche Probleme Sie haben. Aber er hat die Landkarten. Was bleibt Ihnen anderes übrig, als danach zu fragen?

 

Achten Sie genau auf den Straßennamen!

Es gibt z.B. Atlantic Avenue, Atlantic Street, Atlantic Drive, Atlantic Boulevard, Atlantic Road, Atlantic Freeway usw. Und das alles in verschiedenen Stadtteilen ein paar mal. Eine verdammt unangenehme Sache, wenn man nicht mehr durchblickt. Bei mir hat sich ein Stück Papier ganz gut bewährt, bis ich es begriffen hatte.

Wenn Sie meinen, daß Sie die Straße gefunden haben, können Sie sicher sein, daß Sie noch eine ganze Weile nach der Hausnummer suchen müssen. Achten Sie genau auf die Nummer! Meistens gibt es zu dieser Nummer zwei Häuser.

Eines hat z.B. die Bezeichnung 3145 N, das andere die Bezeichnung 3145 S. Das bedeutet, dass die Straße, in der Sie gerade sind, irgendwo in der Länge unterteilt ist in Richtung Nord und Süd. Meistens ist dieser Punkt eine Kreuzung mit einer anderen Hauptstraße. Das gilt natürlich auch für die Richtung Ost/West. Suchen Sie das Haus mit der Bezeichnung 3145 N im nördlichen Teil der betreffenden Straße.

Wo werden Sie wohl 3145 S  suchen?

 

Noch ein recht nützlicher Tip. Fahren Sie nicht nach dem Gefühl - auch wenn Sie meinen, daß Sie clever sind. Für einen Europäer sehen hier alle Kreuzungen gleich aus, und er verschätzt sich unwahrscheinlich mit der Entfernung. Alle Straßen laufen her parallel und rechtwinkelig zueinander. Sie werden Sich fürchterlich verfahren, wenn Sie sich nach Ihrem Gefühl richten wollen!

 

Es  gibt hier einige andere Verkehrsregeln als bei uns. Halten Sie sich streng daran. Und denken Sie immer daran: der Sheriff hat hier eine geladene Pistole und geht nicht zimperlich damit um. Und er darf sofort immense Summen kassieren.

 

Es ist hier verpönt, einen Fußgänger anzufahren. Denken Sie immer daran, es könnte Ihre Schwiegermutter sein. Man wird hier durch Zeichen ausreichend gewarnt (Xing peds).

 

Bremsen Sie nie plötzlich hart. Die Kreuzer wiegen hier so ihre zwei bis drei Tonnen. Die wollen erst mal stehen.

Sie dürfen bei rot an so ziemlich allen Ampeln rechts abbiegen, nachdem Sie gehalten haben und die Straße frei ist.

Beachten Sie die Höchstgeschwindigkeit! Kein Mensch fährt schneller, einfach weil er von klein auf so erzogen wurde. Auf Schnellstraßen dürfen Sie meistens 65 Meilen pro Stunde fahren, in der Stadt von 40 bis 25 mph. Ein Auto dieser Bauart schafft ohne weiteres 110 mph,

o h n e   d a ß   S i e  d a s   h ö r e n !  Das sind rund 180 Stundenkilometer. Wissen Sie welche Energie das bei einem Wagengewicht von zwei bis drei Tonnen ist? Wenn Sie das wissen, dann verstehen Sie auch, warum die Höchstgeschwindigkeit hier 65 mph beträgt.

 

Ein besonderes Kapitel sind hier die Schnellstraßen. Meistens hat man vier Spuren in jeder Richtung. Die günstigste Fahrspur ist die dritte. Rechnen Sie damit, daß Sie rechts überholt werden - das darf man hier. Alles ist kreuzungs- und ampelfrei. Achten Sie auf Abzweigungen und Verteiler der einzelnen Freeways. Wenn Sie einmal falsch gefahren sind, können Sie nicht halten oder zurückfahren. Sie  sind  sonst in weniger als zehn Sekunden ein  t o t e r  Mann, und mit Ihnen wahrscheinlich noch ein paar andere Leute. Schwimmen Sie mit dem Strom mit bis zur nächsten Ausfahrt, und überprüfen Sie dann die Reiseroute, wenn Sie den Freeway verlassen haben und in Sicherheit sind.

Das ist hier die wichtigste Spielregel.

Halten Sie   n i e m a l s   in einem Fahrstreifen dieser Schnellstraßen, sogar dann nicht, wenn Ihnen ein Rad abfallen sollte. Immer versuchen, an den Randstreifen zu kommen! Nehmen Sie keine Rücksicht auf einen Plattfuß - der Reifen ist bei dem Wagengewicht sowieso hin.

 

Im übrigen gilt es hier genau so aufzupassen, wie bei ganz normalen Straßennamen. Jeder Freeway hat hier eine Nummer in einem Wappen und zusätzlich noch einem Namen. Meistens ist die Richtung, in der Sie fahren möchten, bestimmt durch einen Vorort oder eine Stadt, durch die der Freeway führt. Es kann auch sein, daß die Himmelsrichtung angegeben ist. Hier hilft nur eines: sich irgendwann einmal verfahren. Dann haben Sie den Bogen bald heraus.

 

Noch ein Tip: wenn Sie sich irgendwo einfädeln müssen, fahren Sie fünf Meilen schneller als der Strom, in den Sie sich einfädeln wollen. Aber denken Sie dabei an Ihre 300 PS. Der Vordermann ist sehr viel schneller da, als Sie es nach unseren Verhältnissen gewöhnt sind.

 

Und rechnen Sie damit, daß mitten auf Ihrem Fahrstreifen plötzlich eine Mülltonne auftauchen kann - hoffentlich können Sie seitlich ausweichen. Bremsen ist bei dem Wagengewicht so gut wie zwecklos.

Hoffentlich halten Sie im ersten Schreck nicht einfach an, wenn Ihnen Missliches passiert ist. Sie sind ja schließlich nicht in die Staaten gefahren, um unbenutzbar wieder abgeholt zu werden. Und das werden Sie sein, wenn Sie diese wichtigste Spielregel nicht beachten!

 

Eine weitere angenehme Überraschung werden Sie erleben, wenn Sie zum ersten mal die Absicht haben, in einem amerikanischen Hotel zu wohnen.

Erst einmal müssen Sie sich von dem Vorurteil freimachen, daß die Amerikaner ein Volk von Stubenhockern sind. Wenn Sie begriffen haben, daß das nicht der Fall ist, werden Sie auch verstehen, warum die Hotels hier so angenehm sind. Sie sind einfach dazu gedacht, ein Heim zu ersetzen - und mehr. Es gibt in Deutschland keine solchen Hotels, es sei denn 'Hilton' oder 'Continental'. Der gute Durchschnitt ist hier zu vergleichen mit dem Frankfurter Hof. In einem Hotel gibt es einfach alles zu Ihrer Bequemlichkeit und Überraschung. Ein geheizter Swimmingpool sollte Sie nun nicht mehr aus der Fassung bringen. Sie können ohne weiteres noch um 22 Uhr unter freiem Himmel bei Musik und angenehmer Beleuchtung (meistens in netter Gesellschaft) eine Stunde schwimmen. Anschließend können Sie Ihre Brause benutzen und dann von einem der beiden Doppelbetten in Ihrem Zimmer einem der mindestens neun Fernsehprogramme zusehen.

Es ist auch kein Problem, einmal eine Fernsehshow life zu besuchen. Rufen Sie NBC  oder CBS  an. Das ist hier ein Volkssport und einmalig interessant. Und das Erstaunliche ist wieder, daß Sie das meiste verstehen was gesprochen wird.

 

Wenn Ihnen Ihr Fernsehprogramm nicht langt, können Sie die Bar besuchen. Keine Bange - das ist hier normal, und Sie finden sofort Anschluß. Denken Sie daran, daß man hier mit- und nicht gegeneinander lebt.

 

Ein Tip: wenn Sie länger als drei Wochen in den Staaten am gleichen Ort bleiben, mieten Sie sich ein Appartement. Die gibt es hier wie Sand am Meer, und es ist billiger - und Sie haben die gleichen Einrichtungen. Gehen Sie in irgendein Büro des Vermieters und fragen Sie nach freien Zimmern. Falls Sie nicht wissen, wie Sie diese Appartementhäuser finden, fragen Sie das Mädchen an der Zentral der Firma bei der Sie gerade arbeiten. Ich bin sicher, sie wohnt in einem solchen Wohnblock und hilft Ihnen.

Man lebt dort noch freier und etwas mehr in einer großen Familie. Sie werden dort komplett eingerichtete Wohnungen finden mit Küche (Geschirrspüler), Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad.

Zudem können Sie dort Ihre Wäsche automatisch waschen

und trocknen in  1 - 1/2 Stunden. Mehr brauchen Sie wohl kaum.

 

Sie können in einem einigermaßen Hotel so ziemlich alles tun, was Ihnen Spaß macht. Sie können sogar nachts Ihre weibliche Bekanntschaft ungezwungen am Portier vorbei mit auf Ihr Zimmer nehmen. Er wird Sie noch nicht einmal anschauen. Um es noch einmal zu sagen: denken Sie immer (und gerade jetzt) daran, daß man hier miteinander lebt. Man ist hier über alte moralische Zöpfe längst erhaben. Wenn es einem Spaß macht und der andere dadurch keinen Schaden hat, ist alles erlaubt. Und können Sie mir sagen, wer einen Schaden davon hat, wenn Sie nachts gern Ihr Verhältnis auf Ihrem Zimmer oder sonstwo haben?

Jetzt werden Sie wieder in Ihrem Unterbewußtsein grimmig denken: warum ist das bei uns nicht so?

Das Zimmer ist bezahlt - was zum Teufel hat es den Hotelier zu jucken, was darin passiert.

Wenn Sie so anfangen zu   d e n k e n, haben Sie noch mindestens fünf Jahre vor sich, um auch so zu handeln. Ich gebe Ihnen den dringenden Ratschlag: treffen Sie so viele Leute wie möglich. Sie lernen von jedem etwas anderes. Und das wollen Sie doch? Oder glauben Sie, nach Amerika geschickt zu werden, weil Sie ein Muffel sind?

 

Achten Sie trotz allem auf Ihr Geld, Ihren Paß und Ihren Flugschein - immer! Es  gibt in den meisten Hotels Safes, wo Sie Ihre Wertsachen aufbewahren können. Sie werden nie mehr als 20 Dollar in der Tasche zu tragen brauchen.

 

Sie können sich hier ein fürstliches Frühstück kommen lassen, wenn Sie wissen was es alles gibt. Gehen Sie in den Frühstückssaal. Sie können grundsätzlich anziehen was Sie wollen - richten Sie sich nach Ihren Nachbarn. Warten Sie, bis Sie zu Ihrem Platz gebracht werden. Sagen Sie Ihren Nachbarn Helloo - und die Tageszeit. Alles andere wird sich ergeben. Ich habe noch nie einen Muffel getroffen. Wenn Sie nicht wissen, was Sie bestellen sollen, fragen Sie die Bedienung. Wenn Sie immer noch nicht zurechtkommen, sagen Sie ihr einfach, daß Sie ein normales Frühstück haben möchten. Mit sicherer Menschenkenntnis wird sie ein gutes Frühstück für Sie zusammenstellen. Sie können fragen, was das ist und wie es heißt: das wird jetzt natürlich erwartet. Und vergessen Sie vor Aufregung nicht Dankeschön zu sagen und anschließend einen guten Tag zu wünschen - Sie europäischer Muffel!

Aber keinen Verabredungsversuch!

 

Die Rechnung kann verschieden ausfallen. Meistens erhalten Sie den Zettel mit Ihren Bestellungen mit dem Endpreis zurück. Nun hängt es davon ab, was auf Ihrem Zettel steht. Irgend etwas müssen Sie todsicher tun. Und das ist, daß Sie Ihren Platz verlassen. Schauen Sie die Rechnung vorher gut an. Ist eine Spalte mit Service (d.h. Bedienung) mit einem Betrag ausgefüllt, so brauchen Sie keinen Tip zu hinterlassen (das brauchen Sie grundsätzlich nie), aber wenn es Ihnen Spaß gemacht hat und die Bedienung freundlich war (denken Sie an Ihre unmögliche Bestellung), legen Sie trotzdem ruhig 10% Kleingeld einfach auf den Tisch. An der Kasse gibt es wieder zwei Möglichkeiten. Entweder man bezahlt bar oder man unterschreibt einfach die Rechnung - diese wird dann mit zum Zimmerpreis gerechnet.

Achtung bei Rechnungen, bei denen der zusammengerechnete Endbetrag fehlt. Hier fehlt die Bedienung. Rechnen Sie 10% zu der Summe, runden Sie das Ganze und schreiben Sie dieses Ergebnis hin. Das ist dann Ihr Rechnungsbetrag. Man sagt Ihnen dann schon, wenn Sie einen Dollar zu wenig gerechnet haben. Werden Sie nicht rot - sondern sagen Sie, daß Sie nur bis zwei zählen können, oder daß Sie es halt mal versuchen wollten. Wenn Sie das schaffen, ohne eine innerliche Schuldregung zu fühlen, dann fangen Sie an, Amerika zu genießen - und nicht nur Amerika. Das ist Ihr gutes Recht. Nur weiter so!

 

Zum Mittagessen nimmt man hier nur etwas Kurzes . Sie werden schon etwas finden. Es gibt eine Unmenge Imbißhallen. Das National'gericht' sind hier Hamburger. Gehen Sie hin und bestellen Sie einen - die Leute haben den Umsatz und Sie den Hamburger nötig. Das sind zwei relativ günstige Voraussetzungen, um sich zu einigen. Und ich darf doch annehmen, wenn Sie den Freeway überstanden haben, daß Sie mir nun nicht einfach verhungern wollen. Wo Sie die Firma mit dem nötigen Kleingeld und Ihre Schule Sie mit den nötigen Sprachkenntnissen ausgestattet hat.

Falls Sie Spaß daran haben, können Sie diese Beschreibung bei allen Mahlzeiten anwenden, nur verzichten Sie hin und wieder auf den Dollartrick.

 

Ich nehme an, daß Sie auch mal ein anderes Bedürfnis haben, als zu essen. Zu diesen anderen Taten müssen Sie zwangsläufig unter die Menschen gehen. Zwei wichtige Sachen besitzen Sie: Sie können sprechen und Sie haben Geld. Was Sie noch brauchen ist Mut und etwas anderes zum Anziehen. Womit wir bei einem leidigen 'deutschen' Thema sind. Einen guten Rat zu Anfang: gehen Sie zur Arbeit wie ein Fürst  - aber nach der Arbeit vergessen Sie das alles! Sie können hier, falls Sie das Bedürfnis verspüren (aber denken Sie jetzt an die fünf Jahre), barfuß im Unterhemd und Badehose grundsätzlich überall einkaufen. Denken Sie wieder an das Prinzip: die Leute haben den Umsatz und Sie die Sachen nötig. Wie Sie aussehen, ist den Leuten egal, solange Sie Ihren 'Spiegel' verdeckt halten. Machen Sie nie den unverzeihlichen Fehler, und laufen Sie in Schlips und Kragen herum. So blöd' wie sich das anhört, Sie fallen damit auf.

Möchten Sie einmal sonntags von 1 bis 3 Uhr nachmittags oder abends um 22 Uhr einkaufen? Warum tun sie es nicht? Hier haben Sie endlich die Möglichkeit dazu. Aber gehen Sie nicht sonntags am Vormittag - da schläft hier fast jeder noch. Ein gutes Kaufhaus für derlei Angelegenheiten ist hier die MAY-Company.

Haben Sie keine Sorgen, einen Parkplatz finden Sie  i m m e r. (Warum ist das eigentlich bei uns nicht so?)

 

Sicherlich werden Sie hier mindestens einmal privat zu einem 'Bar-B-Q' eingeladen. Sagen Sie auf keinen Fall nein! Gehen Sie hin! Das wird ein Erlebnis für Sie. Sie werden ein amerikanisches Haus von innen und das Zusammenleben einer amerikanischen Familie von außen kennenlernen. Sie werden es nicht glauben. Wir Deutsche haben keine Veranlagung dazu. Es sitzen uns zu viele Vorurteile (Du sollst nicht - Du darfst nicht!) in den Knochen. Man lebt hier.

Kommen Sie einigermaßen pünktlich. Sagen Sie Helloo - die Tageszeit und Ihren Namen.

Jetzt ist der Punkt für Gedächtniskünstler gekommen. Sie werden nacheinander die Mitglieder der Familie beim Vornamen kennenlernen. Das ist nicht mehr als logisch; denn den Familiennamen wissen Sie ja schon längst, und wie sollen Sie die ganzen Leute sonst individuell ansprechen? Es werden harte zehn Minuten für Sie werden. Danach sind Sie ein Mitglied der Familie - mit Ausnahmen natürlich (Sie können z.B. nicht aus dem Fernsehschrank Steichhölzer schnitzen).

Gewöhnen Sie sich zuerst daran, daß der Fernseher an bleibt. Der läuft immer, obwohl keiner zuschaut - bis auf Baseball- oder Footballspiele.

Gewöhnen Sie sich blitzartig spätestens jetzt daran, alle Leute -mit Ausnahme Ihres Bosses- mit dem Vornamen anzureden. Ehe Sie das drin haben, vergehen aber mindestens zwei Wochen. Seltsamerweise leidet das Verhältnis der Leute hier zueinander nicht wie bei uns in Deutschland, wenn man jemanden bei seinem Vornamen anredet. Dreimal dürfen Sie raten, warum das so ist. Denken Sie an den Spruch: man lebt hier miteinander.

 

Nach der ersten Aufregung, die Sie jetzt überstanden haben, erhalten Sie einen eiskalten Drink serviert. Eine Unterhaltung ist längst zugange. Sie werden herausfinden, daß die meisten Amerikaner schon mal in Europa waren. Geben Sie ruhig zum besten, welche Städte und Länder Sie gesehen haben. Das interessiert hier alle. Aber glauben Sie ja niemals, daß Sie derjenige sind, der am weitesten gereist ist und darum am meisten gesehen hat. Denken Sie daran, daß die Leute hier reiselustig sind. Und Sie haben hier die besten Mittel dazu. Und Amerika ist groß.

Lassen Sie sich den Spaß nicht dadurch verderben, daß die 16-jährige Tochter der Familie in zwei Wochen für vier Jahre nach Japan fährt. Das ist hier nichts Besonderes. Sprechen Sie ruhig über Ihr Geschäft und was  S i e  von Amerika halten. Man kann über alles reden.

 

Einmal ist es dann so weit, dsß das 'Bar-B-Q' unmittelbar bevorsteht. Meistens wird es ein sehr gutes Essen mit unheimlich vielen Schikanen. Denken Sie daran, daß man alles essen kann. Sagen Sie vorher sofort, wenn Sie etwas nicht mögen. (Ich kriege z.B. keine Shrimps runter- und wenn sie zehnmal gekocht sind und paniert und alles). Das nimmt Ihnen keiner krumm. Genießen Sie, wie das Steak auf dem Grill schmort. Sie können sich das ruhig aus der Nähe ansehen. Eine feine Einrichtung. Keine falsche Scham: Sie können sich in jedem Fall sattessen. Es  wäre eine Beleidigung, wenn Sie es nicht täten.

 

Wenn Sie es noch nicht kennen, hier werden Sie es bald wissen: man ißt als Nachtisch heißen gekochten Mais. Das ist fein und einfach. Halten Sie den Kolben quer in der Hand, streichen Sie Butter darauf, relativ viel Salz und schälen Sie einfach die Körner mit den Vorderzähnen ab. Dabei drehen Sie den Kolben so, daß Sie immer rundherum die Körner abessen. Der Rest ist wieder Routinesache. Sie werden es jetzt nicht glauben, aber es ist eine Delikatesse. Die Augen der Kinder blitzen dabei, als ob ihr Lehrer plötzlich erkrankt wäre und die Schule für diese Zeit ausfiele. Jeder schlägt sich um jedes Körnchen.

Einen guten Tip: essen Sie sehr zügig. Der Mais schmeckt am besten, wenn er heiß ist. Streichen Sie reichlich Butter darüber und nehmen Sie recht gut Salz. (Wetten, daß Sie beim ersten mal doch noch zu wenig nehmen?) Machen Sie nicht den Fehler, hier in unserer Gegend Mais zu kaufen und den zu kochen. Das ist anderer Mais - Sie versauen sich den ganzen Spaß. Sie können es versuchen, süßen Mais irgendwo aufzutreiben, aber ich glaube, Sie werden kein Glück haben.

Beobachten Sie, wie eng und zärtlich die Bindungen der einzelnen Familienmitglieder aneinander sind. Beobachten Sie besonders scharf. Wenn Sie hier hingeschickt wurden, haben Sie die Gabe dazu. Und wundern Sie sich! Kommentare überflüssig.

 

Amerika hat unglaublich viele Sehenswürdigkeiten. Schauen Sie sich an, was immer Sie können. Nehmen Sie Ihre Kamera mit. Gehen Sie niemals ohne. Die beste Möglichkeit, am meisten zu sehen, ist, sich einen 'Fremdenführer' zu suchen. Haben Sie keine Angst - Sie können jeden oder jede frage, ob er (sie) das für Sie tun würde. Sie erhalten dann zumindest gesagt, was schön ist. Das würden Sie ja bei uns auch mit einem Amerikaner nicht anders machen.

Möglichkeiten, Anschluß zu finden, gibt es hier mehr als genug. Es muß an Ihnen liegen, wenn es nicht klappt. Noch einmal: werfen Sie alle 'darf nicht'- Urteile über Bord. Trauen Sie sich zu, über eine zufällige Begegnung auf der Straße, welche zehn Sekunden dauerte, über die Tochter und die Mutter auf einen Millionär zu treffen? Und eingeladen zu werden? Wenn Sie ohne 'mein Gott' zu denken ja sagen können, dann liegen Sie hier in Amerika genau richtig.

 

Denken Sie aber auch daran: ein Amerikaner muß irgendeine Schwierigkeit vor der Brust haben, sonst fühlt er sich nicht wohl.

 

Damit hätten Sie so ziemlich das Wichtigste mitgekriegt. Ein paar Regeln Sollten Sie sich merken. Die wichtigsten drei davon:

  • Man darf alles, was einem Spaß macht, tun - solange kein anderer darunter leidet. Hiervon die Ausnahme: man darf immer Krach machen, auch wenn es jemand anderen stören könnte;
  • Was immer Sie tun möchten -

   tun Sie es gerade   j e t z t;

 Wenn Sie's nicht tun, dann tut es jemand anderer;

  • Werfen Sie Ihre angelernten Vorstellungen über die Beziehungen zwischen Mann und Frau sofort über Bord (d.h. verlieren Sie Ihre Hemmungen. -Warum haben Sie eigentlich welche?)

 

Wenn Sie das alles können, dann erst können Sie Amerika genießen - sonst bleiben Sie ein Muffel.

Sie werden den Tag verfluchen, an dem Sie wieder zu den 'Krauts' zurück müssen. Das schmeckt genau so, als wenn man Ihnen einen Stahlhelm verpasst, der zu klein ist. Ein gutes Mittel gegen dieses Gefühl ist, die drei Regeln weiter zu befolgen, und SIE können das doch. Das haben Sie bewiesen.

 

Zum Schluß noch ein guter Tip. Wenn Sie zurückfliegen, achten Sie darauf, daß Sie genügend Kleingeld haben, um das Übergewicht Ihres Koffers bezahlen zu können bei der Lufthansa. Es könnte sein, daß Ihnen sonst die Tränen in die Augen schießen. Buchen Sie jedenfalls einen Platz an der linken Seite. Warum - das werden Sie dann schon sehen.

 

Und noch etwas!

Halten Sie ein Fünfzigpfenningstück und drei Groschen in deutschem Geld bereit, damit Sie sich nach Ihrer Rückkehr am Frankfurter Hauptbahnhof -den Sie nicht mehr wiedererkennen werden- eine Straßenbahnfahrkarte nach Feschenheim (kein Schreibfehler) leisten können, vorausgesetzt der Automat funktioniert zufällig.

Ein farbiger amerikanischer GI hat mir die Fahrkarte übrigens geschenkt.

 

Es ist auch möglich, daß Sie Ihr Geld erst einmal in einen Schnaps investieren müssen - sonst sitzt Ihnen die 'Wiedersehensfreude' noch dann in den Knochen, wenn Sie Ihren Rasierapparat einhundertundzehnvoltumgeschaltet an unserem Netz für relativ kurze Zeit betrieben haben. Das stinkt nicht nur Ihnen, sondern der Apparat stinkt dann auch. Nur nicht dem Verkäufer, der Ihnen einen neuen verkauft.

 

Aus meinen Reiseerfahrungen kann ich nur sagen:

glauben Sie mir eins - Amerika ist ein anderes Land.

 

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