Wahlkampf auf dem Radweg
So viel zur Einleitung:
Nun fahre ich ja auch weitere Strecken mit dem Tandem - nur mit dem Talismann.
Letztens 160 km Bad Soden Spessart - Frankfurt und zurück.
Das Ding wiegt rund 60 kg - leer; ist also schon eine Maschine.
Wenn das mal auf Schwung ist, dann gibt's auch so schnell kein Halten.
Das auf 25 - 30 zu kriegen geht noch, das Bremsen dauert aber. Und es gibt vier Bremsen, davon zwei Trommelbremsen. Klar, auch eine Gangschaltung.
In bestem (Abwärts-) Gelände geht's mit 85 km/h zuwerke.
Zur Sache, Schätzken:
Nämlich wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. So auch hier.
Es ist ja nicht das erste Jahr, dass ich auch Touren fahre.
Und es ist jedes mal immer erstaunlich, wie sich die Gegebenheiten gleichen.
Zum Beispiel die Beschilderung. Hier der R3 (Fern-Radweg Nr 3). Fernradweg R3 - FernraTweg, da ist Raten angebracht. Auch das Raten, warum nur ausgerechnet auf den miesesten Weg verwiesen wird - falls überhaupt.
Es ist immer wieder erfrischend, zu einer Teilung zu kommen, an der nichts steht.
Nichts, ich meine links oder rechts. Nichts. Oder alles. Ratlos. Es reicht offensichtlich, wenn Einheimische sich dort auskennen. Die fahren ja auch täglich ausgerechnet diesen Fernweg.
Ein besonders nettes Überraschungspaket wird jedoch stets in Städten geschnürt.
Also in die Städte hinein ist ja wunderbar. Wenigstens manchmal.
Aber dann, bumms, stehste da. Wie weiter? Nichts!
Lacht mich da gerade die Reklame einer Kneipe einladend an?
Oder bin ich bei den Junkies unter der Brücke gelandet?
Kirchenportale sind auch immer wieder schön. Alle Wege führen ja da hin.
Besonders da kommt mir dann wieder der Fluch in den Sinn: Himmel, Arsch und Zwirn.
Alles egal, rauskommen ist nicht. Sonnenstand? Oft funktioniert das, nicht immer.
Und Stadtpläne fehlen grundsätzlich; zugegeben nicht immer.
Bei den vorhandenen ist nur der Druck dermassen vergilbt, dass man die Reklame am besten sieht.
Oder sie stehen am Ortseingang.
Da wo es jetzt in der Innenstadt besonders einfach ist nachzusehen.
Man hatte ja bisher das Schild mit dem R3 (Radweg) vertrauensvoll im Gesichtsfeld.
Hatte gehabt ist die vollendete Vergangenheit.
Da wird dann erst mal der Ortskern abgegrast.
Seltsam dass gerade dort viele Herbergen einladen.
Ist nicht mal wieder Zeit, ein paar Fotos zu schiessen?
Und der Schwur, dieses Kaff nie wieder heimzusuchen, wird manifest.
Besonders weil es fieselt. Da kommt rechte Freude auf.
Seltsam, das ist in jeder Stadt genau gleich, rein geht -- raus? Wozu, bleib doch hier.
Kannst auch bis zum Dunkelwerden hier noch etwas rumgeistern.
Stadtplaner und Ratsherren sitzen ja trocken - mit breitem Bobsch und leerem Grind.
Den Vogel abgeschossen hat dabei Bad Kreuznach, mit weitem Abstand.
Aus Bad Kreuznach gehts nämlich angeblich allseitig nicht mehr hinaus.
Nach Süden aber endlich durch's Kurgebiet, Ende an der Saline, aber wen juckt das schon. Doch, die Rückreise Richtung Norden führt auf die Schnellstrasse.
Den Mut hatte ich dann doch nicht. Also Sonnenstand.
Von Wiesbaden bis Bingen kann man den scheusslichsten Rad'weg' überhaupt geniessen. Diese rechtsrheinische Route ist das Optimum.
Eine Fuhre abgekippter Pflastersteine beschreibt es am besten.
Einfach schlimm. Nie zu übertreffen.
Jegliche Abenteuer eingeschlossen, dreistöckige Wehr-Übergänge sind was 'herrliches', besonders abwärts in der Rille. Da zerren die 140 Kilo ganz ordentlich. Die letzten Meter werden gerannt.
Es erheischt schon etwas Übung, nicht zu früh loszurennen.
Dann kriegen die 140 Kilo nämlich die Oberhand.
Und dann war dort noch das Ding mit der Landzunge im Rhein.
Mangels Wegweiser an der Spitze angekommen, sah man das Unwetter von Bingen aus heraufziehen. Der Rhein sprühte richtig - vor Regen, die Wand kam so richtig schön zügig näher.
Natürlich umkehren und schnell zurück. 2 km ohne Dach unter freiem Himmel.
Blitz und Donner haben den Ritt erheblich beschleunigt.
Trotzdem kriegt man bei 2 km eine Menge Wasser ab.
Merke: Eine Regenwand ist immer schneller als jeder Radfahrer. Und sie kommt immer von vorn - egal wie weit sie hinter Dir war.
Die Flucht endete dann in der Hafenmeisterei.
Die war unbesetzt, aber sie hatten dort einen überdachten Eingang. Zu klein für's Tandem, und sowieso 4 Stufen zu hoch dafür.
Der Rest ist ausmalbar.
Die Bullen, die dann mit dem Schiffchen kamen, die haben ganz schön gelacht.
Sie wussten von meinem Schwarzen Gürtel nix, waren aber auch in der Überzahl.
So habe ich sie grosszügig leben und lachen lassen.
Mich dem Lachen angeschlossen - und dann umgezogen weiter auf die Piste gemacht.
Dann die Geschichte mit der Fusshupe (Kleinst-'Hund' Marke Fledermaus).
Wenn man drauf tritt, dann hupt so'n Pluto.
Der Köter rennt auf der Strasse, Frauchen (fett mit Zigarette) lungert auf dem Fussweg rum. Dazwischen der Radweg. Kommste so angefegt. Siehst die Leine nicht. Die Töle macht den pfeifenden Rundschlag, das kann ich getrost versichern.
Statt dass die Alte einfach die Leine loslässt...
Nee das Biest könnte ihr ja durch die Lappen gehen.
Und mich gar vom Tandem reissen.
Lieber findet der Freiflug statt. Und halte mal 140 Kilo Totalgewicht an.
Was sind da schon die 5 Kilo von so einem Stubentiger.
Es war eine lange Reise für den Pappilion. Arme Sau.
So nennt man doch diese Schmetterlinge, oder?
Hat also seinem Namen mal die Ehre gegeben.
Jetzt hält er sich wohl näher am Mann/Frau. Umgekehrter Schutzeffekt.
So viel zur Einstimmung.
Nun wurde aber dieses Szenario übertroffen bei dem jetzigen 'Frankfurt-Ritt'.
Da hört der Radweg beim Ortseingang Frankfurt einfach auf - Narda, Leere.
Nichts mehr. Nur noch Cassella, das sind die die auch das Jade-Fix-Braun bauen.
So siehste dann auch aus in dem Moment.
Gut dass ich Frankfurt recht gut kenne. Selbst das Rotlichtviertel.
Da hab ich mal ne Weile gearbeitet, in der Drogenhilfe. Das ist wirklich schlimm.
Also half mir die Sonne wieder, ich wollte ja durch die Stadt ans Westend.
Auf der Hanauer Landstrasse haben sich die Herren Stadtplaner eine besondere Delikatesse einfallen lassen - die sind darin schon immer Extraklasse.
Da steht auch das Bürogebäude der Buchdata.
Aus dem 3. Stock ist da mal ein intelligenter Bildschirm geflogen (hinter der für Frankfurt typischen roten Ampel).
Als mein Kumpel dessen Bild gar nicht mehr so gut fand nach 4 Tagen Fummelei damit.
Wer dort auf der Fahrbahn fährt, der ist automatisch tot. Gerippt.
Dort wird rücksichtslos 90 gefahren - und so'n Radfahrer juckt niemanden.
Der hat da einfach nix zu suchen. Der muss wesch da.
Also musste was anners her.
So hat man desderweeschen den breiten Bürgersteig uffgedeilt.
In einen Streifen, auf dem Autos parken können.
Der Rest ist ungleichmässisch für Radfahrer und Fussgänger und Cafesitzplätze uffgedeilt.
Der Radweg ist üppige ganze 1 m breit.
Und an Ein-Ausfahrten zu den Häusern stehen dicke Pfosten, Poller, je 3 Stück nebeneinander. Links und rechts der Einfahrt. Man hat's ja.
Klar, einen Meter hoch und in dezentem Umfeldfarbton ('auffallendes' Dunkelbraun).
Nur ja nicht hell streichen - und schon gar nicht gestreift.
Man könnte die Dinger ja sehen.
Einer in Höhe der Parkstreifen, also links vom Radstreifen;
dann einer zur Abgrenzung zum Fussgängerstreifen, rechter Hand des Radweges -
und noch einer an der Grenze vom Fussgängerstreifen zu den BistroCafeStühlen.
Man muss ja auch noch die Kaffee-oder-sonstwas-Trinkenden -oder Rauchenden- vor den Fussgängern bewahren. Da stören auch Radfahrer nur.
Gut, die Pflasterung ist auch noch anders gefärbt. Grau und rötlich.
Aber erzähl das mal den Fussgängern, den gestikulierenden Schwatztanten.
Klar fährt man da schon langsam, sozusagen wirklich Fußgängertempo.
Trotzdem, wenn einen Meter vor Dir sich ein zugegeben netter Bobsch in den Weg schiebt, dann möchteste dem sicher nicht das Vorderrad in die Kimme schieben.
Also ausweichen angesagt. Weichen ist gut, der Poller steht dann inmitten des Wegs.
Folge: Delle im Vorderrad. Und es ist eine teuere verchromte Felge.
Mit Trommelbremse.
Und jetzt sage mir noch einer, daß Radfahrer nicht auf den Bürgersteig gehören.
Vor seiner Inauguration sollte jeder Stadtplaner mindestens eine Radtour machen,
eine Radtour durch sein zukünftiges Reich.
Dann wären auch die Übergange bei Strasseneinmündungen auf gleicher Höhe.
Aber bis jetzt sind die mindestens 5 cm hoch.
Das schlägt volltoll zu Buche auf beide Räder, abwärts, und aufwärts dann noch heftiger.
Also, an dem evtl zu erwartenden Hochwasser kann es nicht liegen, dass diese Schwellen so hoch sind. Eher am Hirn der Stadtväter.
Ich hasse Pappeln.
Wenigstens die, die gleich neben dem Radweg stehen.
Nein, die stehen nicht im Weg, die liegen im Weg.
Nämlich heben die Wurzeln den Belag -so der denn überhaupt vorhanden ist- 10 cm in die Höhe. So in einem Meter Abstand voneinander. Bei 25 km Speedy Goncales.
Ich habe ja eine Radfahrerhose, klar, als Mann nicht entbehrlich. Aber es ist wirklich trotzdem nicht sonderlich erbauend, auf so eine Ratterstelle zu kommen.
Denn da schüttelt es die Kronjuwelen doch derbe bis zum himmlischen Lobgesang.
Und da kommt jetzt der Wahlkampf ins Bild:
Nebenan nämlich gleich dreimal das Plakat 'Dr Wichser für uns nach Berlin' - das treibt das Adrenalin (die Wut) in die Höhe.
Warum glotzt der mich jetzt so dümmlich grinsend an?
Der soll nicht nach Berlin. Wer ist das überhaupt? Was soll das?
Den wünsche ich nicht nach Berlin, der soll in der Hölle braten.
Damit er ja weit weg ist - besonders von meinen Kronjuwelen.
Ich würde ihm auch noch die Brennesseln schicken, die so nahe am Wege wuchern; die brennen auch toll.
Mittlerweile ahne ich ja, dass Wahlkampf sein soll.
Dann soll er mal mit mir auf dem Fahrrad kämpfen.
Warum steht da kein Schild:
'Für gesündere Radwege - Dr Wichser zur Hölle'.
Berlin war ja schon immer eine Reise wert.
Das wär doch mal was.
Ach, bei der Gelegenheit muss mal gefragt/gesagt werden.
Warum wird die Kohle für diese wirklich saudämlichen, sinnlosen Wahlplakate nicht genommen für eine ordentliche Beschilderung, für Wegweiser:
Dieser Radweg wurde ordentlich beschildert von den Grünen; die sind doch so für die Freiheit der Gummibären.
Dieser Radweg wurde instandgesetzt von der SPDCDUFDPLINK...
Eine ständige, dankbare Erinnerung an die Jungs. Sinnvoll.
Und für einheitliche Beschilderung, einheitlich wegen der angezeigten Ortschaften.
Die wandern nämlich offensichtlich von Wegweiser zu Wegweiser auf andere Plätze.
Was es alles für bis dahin nie bekannte Orte gibt - erstaunlich.
Die müsste man eigentlich alle abklappern; was sich allerdings erübrigt; denn es stellt sich heraus, daß das nur ein anderer Name für einen Ortsteil ist.
Stattdessen wird die Kohle sinnlos verballert mit wirklich genau so sinnlosen 'Sprüchen'. Falls überhaupt für einen Spruch.
Wie hier in Hessen beim letzten Kommunalwahldurchgang.
Ein RIESEN-Schild (hauswandgross, Ort Wächtersbach)
mit 5 Weihnachtsmännern: Wir kommen wieder - SPD.
Wie soll ich das verstehen mit den Weihnachtsmännern?
Ja, liebe SPD-Experten, solltet ihr das hier jemals lesen:
Ich habe ein Foto davon. Und das ist außer Landes, rumfummeln auf meinem PC ist also sinnlos. Hallo Herr Schäuble.
Der Sprit müsste 10 Euro pro Liter kosten.
Dann würden viele auf das Fahrrad umsteigen (müssen) -
und endlich mal genug Rabatz machen.
An den deutschen Radwegen gibt es manches zu flicken. Nicht nur dort. Politiker, Stadtväter, tut es!
Mit 4 Millionen Arbeitslosen doch keine wirkliche Herausforderung.
Arme Gemeinden erkennt man an ihren Radwegen, armselige Politiker auch.
Ja, und so sieht eine Radfahrerhand aus,
wenn der die ersten 100 km hinter sich hat,
und dabei die neue Kette gerissen war.
Nach dem 18 km Fußmarsch bis zur nächsten Werkstatt.